5 Pathologien, die am ehesten die Zunge betreffen: Bedeutung einer ordnungsgemäßen Untersuchung und Diagnose

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Obwohl sich die Technologie zur Erkennung oraler Pathologien in den letzten zehn Jahren stark verbessert hat, sollten Zahnärzte immer noch wissen, wie wichtig eine visuelle zahnärztliche Untersuchung ist, und in der Lage sein, Krankheiten genau zu diagnostizieren, wenn sie vorliegen. Als Zahnärzte sind wir darin geschult, Routineerkrankungen der Zähne und des Zahnhalteapparats zu erkennen. Karies, Gingivitis oder Parodontitis, Ulzerationen, Erythroplakien/Leukoplakien usw. sind alles Krankheiten, mit denen wir bei der Erst- oder Wiederholungsuntersuchung vertraut sein sollten. Leider wird eine der wichtigsten oralen Strukturen, die eine Manifestation einer systemischen Erkrankung sein kann, oft übersehen: die Zunge.

Dieser klinische Tipp soll dem Zahnmediziner eine Hilfestellung bei der Untersuchung der Zunge geben, die Merkmale einer normalen, krankheitsfreien Zunge erkennen und die fünf häufigsten Pathologien aufzeigen, die am ehesten die Zunge betreffen und auf größere systemische Probleme hindeuten könnten.

Vorgehensweise bei der allgemeinen zahnärztlichen Untersuchung der Zunge:

  1. Lassen Sie den Patienten die Zungenspitze am Gaumen berühren und die ventrale Oberfläche untersuchen.
  2. Bitte den Patienten, die Zunge gerade herauszustrecken und auf Abweichung, Farbe, Beschaffenheit und Massen zu untersuchen.
  3. Halten Sie die Zunge mit Gaze in einer Hand, während Sie die Zunge zwischen Daumen und Zeigefinger der anderen Hand abtasten, und notieren Sie alle Massen und Bereiche mit Empfindlichkeit.

Vergleichen Sie bei der körperlichen Untersuchung der Zunge mit den drei Hauptmerkmalen einer normalen, krankheitsfreien Zunge:

  1. Farbe: Die Zunge sollte auf der dorsalen und ventralen Oberfläche eine rosa bis rötliche Farbe aufweisen. Die ventrale Oberfläche kann bläulich sein und einige sichtbare Gefäße aufweisen.
  2. Textur: Die Zunge sollte eine raue dorsale Oberfläche aufgrund von Papillen (Geschmacksknospen) haben. Es sollten keine Haare, Furchen oder Ulzerationen vorhanden sein. Die ventrale Seite der Zunge sollte eine glatte Oberfläche haben.
  3. Größe: Die Zunge sollte bequem in den Mund passen und mit der Spitze an den unteren Schneidezähnen anliegen. Die sublingualen Drüsen sollten nicht verlagert sein.

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Auf die fünf wichtigsten oralen Pathologien achten, die die Zunge betreffen und auf größere systemische Probleme hindeuten könnten:

1. Veränderung der Oberflächenbeschaffenheit:

a. Atrophische (glatte) Zunge: Die offensichtlichste Ursache für eine atrophische Zunge ist der Gebrauch von Zahnprothesen und die mechanische Abschilferung der dorsalen Oberfläche. Ernährungsmängel, insbesondere Vitamin-B12-Mangel (perniziöse Anämie), können ebenfalls eine Ursache sein (Abbildung 1). Andere Mangelerscheinungen, die dazu beitragen können, sind Vitamin B3, B6, B9 und Eisen.


Abbildung 1:Atrophische Zunge

2. Farbveränderungen:

a. Weiß: Eine weiße Zunge kann ein Anzeichen für eine orale Candidiasis (Soor) sein, die auf eine Infektion mit Candida albicans zurückzuführen ist (Abbildungen 2 und 3). Sie tritt typischerweise bei Patienten mit einer Form der Immunsuppression (HIV), Diabetes, chronischem Tragen von Zahnersatz ohne Hygiene und/oder Antibiotika-Einnahme (meist über längere Zeiträume) auf. Schmerzlose weiße Plaques auf der Zunge oder im Oropharynx, die entfernt werden können und zu Blutungen führen können, sind das Kennzeichen dieser Pilzinfektion.

Eine weitere Ursache für eine weiße Zunge kann der orale Lichen planus (Abbildung 4) sein, eine chronische Entzündung, die durch eine Autoimmunreaktion verursacht wird. Sie ist durch ein weißes, spitzenartiges Muster gekennzeichnet, das als retikulärer Lichen planus bezeichnet wird.

Die geografische Zunge (Abbildung 5) ist ein gutartiger Zustand, bei dem verfärbte, schmerzlose Flecken auf der Zunge auftreten und nach einer Atrophie wieder erscheinen, oft in einer anderen Verteilung. Sie tritt bei 1 % bis 3 % der Bevölkerung auf. Neuere Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass die geografische Zunge mit einer Darmentzündung oder dem so genannten „Leaky-Gut-Syndrom“ zusammenhängen könnte.“

Abbildung 2:Candida albicans Abbildung 3:Soor
Abbildung 4:Oraler Lichen planus Abbildung 5:Geographische Zunge

b. Rot: Die offensichtlichste Ursache für eine rote Zunge ist die Farbe von Speisen oder Getränken oder säurehaltigen Lebensmitteln, die eine vorübergehende Rötung und Unbehagen verursachen können. Eine rote Zunge kann jedoch auch ein Anzeichen für eine Grunderkrankung sein. Einige rote Farbveränderungen auf der Zunge („Erdbeerzunge“) könnten auf einen Vitaminmangel, die Kawasaki-Krankheit oder eine Streptokokkeninfektion (Scharlach) zurückzuführen sein. Eine fleischige rote Zunge kann auch auf einen Vitamin-B12-Mangel zurückzuführen sein.

c. Schwarz: Eine schwarze Zunge ist in der Regel ein harmloser Zustand, der durch Chlorhexidin-Spülungen, Medikamente, Rauchen, schlechte Mundhygiene, weiche Ernährung oder Mundtrockenheit verursacht werden kann (Abbildung 6). In Verbindung mit verlängerten Zungenpapillen wird als Ursache eine Veränderung der normalen Bakterien im Mund nach einer Antibiotikabehandlung oder der Verwendung von Produkten, die Wismut enthalten, wie Pepto-Bismol, vermutet.


Abbildung 6:Schwarze, haarige Zunge

3. Veränderungen der Größe:

a. Makroglossie:Makroglossie ist eine Schwellung oder Vergrößerung der Zunge und kann durch alltägliche Dinge wie Allergien, Medikamente und Verletzungen verursacht werden. Allergische Reaktionen auf Medikamente, Lebensmittel oder Insektenstiche können zu einer Schwellung der Zunge führen. Zungenschwellungen können auch eine Nebenwirkung von Medikamenten sein. Einige Medikamente, die diese Nebenwirkung haben, sind ACE-Hemmer, NSAIDs (nichtsteroidale Antirheumatika) und Aspirin. Eine Verletzung durch heißes Essen oder eine Flüssigkeit, die die Zunge verbrennt, oder einfaches Beißen auf die Zunge kann sie reizen und eine Schwellung verursachen. Eine schwerwiegendere Grunderkrankung, die mit einer Zungenschwellung in Verbindung gebracht wurde, ist die Amyloidose, die es zu unterscheiden gilt. Eine neu auftretende Makroglossie bei einem Erwachsenen ist pathognomonisch für Amyloidose und sollte bis zum Beweis des Gegenteils als solche behandelt werden.

b. Mikroglossie:Mikroglossie kann durch eine Schädigung der oberen motorischen Neuronen der kortikobulbären Bahnen entstehen, die die Zunge innervieren. Dieser Zustand äußert sich durch eine kleine, steife Zunge. Bei Neugeborenen kann eine scheinbare Mikroglossie auf ein angeborenes kurzes Zungenbändchen (Ankyloglossie) zurückzuführen sein, das gemeinhin als Zungenbändchen bezeichnet wird.

4. Geschmacksveränderungen: Vollständiger Geschmacksverlust wird Ageusie genannt, teilweiser Geschmacksverlust wird Hypogeusie genannt, und ein verzerrter Geschmackssinn wird Dysgeusie genannt.

a. Die häufigste Ursache für einen seltsamen Geschmack ist auf Medikamente zurückzuführen. Die häufigste Veränderung ist ein metallischer Geschmack, der mit einigen Formen von Antibiotika, Chlorhexidin-Spülungen, Antihistaminika, Antimykotika, Antipsychotika, Blutdruck-, Diabetes-, Anfalls- und Parkinson-Medikamenten u. a. in Verbindung gebracht wird.

Weitere häufige Ursachen für Geschmacksveränderungen sind Mundtrockenheit, Erkältungen oder Grippe, Rauchen, Geruchsverlust und Ernährungsmängel (wiederum B12 und Zink).

5. Ulzerationen: Bei der Untersuchung von Geschwüren auf der Zunge ist es wichtig, ihre Größe, Anzahl, Farbe und Verteilung zu beachten und festzustellen, ob sie dem Patienten Beschwerden bereiten oder nicht. Läsionen, die nicht innerhalb von 10-14 Tagen abheilen oder sich zurückbilden, sollten bedenklich sein und entweder biopsiert oder an einen Spezialisten überwiesen werden.

a. Aphthöse Geschwüre: Ein aphthöses Ulkus ist eine schmerzhafte Form der Ulzeration, die häufig auftritt. Das Geschwür tritt in einem von mehreren Mustern auf: klein, groß oder herpetiform. Kleinere aphthöse Ulzera (Abbildung 7) sind in der Regel 2-8 mm groß und heilen innerhalb von 14 Tagen spontan ab. Große aphthöse Ulzera sind > 1 cm groß und können nach der Abheilung vernarben. Herpetiforme Ulzera sind punktförmig, oft multipel und können zu einem größeren Ulkus zusammenwachsen.

b. Rezidivierende aphthöse Ulzerationen: Eine rezidivierende aphthöse Ulzeration tritt bei einigen systemischen Erkrankungen auf, darunter Morbus Crohn, Zöliakie, Behcet-Syndrom, Pemphigus, Herpes simplex, Histoplasmose und reaktive Arthritis (Reiter-Syndrom).

c. Erythroplakie und Leukoplakie:Erythroplakie (Abbildung 8) ist ein roter Bereich oder eine Läsion auf der Zunge, die sich nicht abreiben lässt. Leukoplakie hat die gleiche Definition, ist aber von weißer Farbe. Eine Läsion mit einem kombinierten weißen und roten Erscheinungsbild wird als Erythroleukoplakie bezeichnet. Alle diese Läsionen gelten als prämaligne Läsionen. Erythroplakie und Erythroleukoplakie haben im Vergleich zur Leukoplakie ein erhöhtes Risiko der Prämalignität. Neben dem Aussehen gibt es Anlass zur Sorge, wenn die Läsion oder Wunde nicht verschwindet oder größer wird.

Abbildung 7:Aphthöses Geschwür Abbildung 8:Erythroplakie

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Scott Froum, DDS, Absolvent der State University of New York Stony Brook School of Dental Medicine, ist niedergelassener Parodontologe in New York City. Er ist Redaktionsleiter des E-Newsletters Perio-Implant Advisory und schreibt Beiträge für DentistryIQ und Dental Economics. Dr. Froum, Diplomate des American Board of Periodontology, ist klinischer außerordentlicher Professor an der SUNY Stony Brook und der NYU Dental School in der Abteilung für Parodontologie und Implantologie. Er ist Mitglied des Redaktionsbeirats der Academy of Osseointegration’s Academy News. Sie erreichen ihn per E-Mail unter [email protected] oder über seine Website unter drscottfroum.com.

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