Hintergrund: Da ADHS bei Erwachsenen häufig von psychiatrischen Komorbiditäten begleitet wird, sollte der diagnostische Prozess eine gründliche Untersuchung auf komorbide Störungen umfassen. Das Asperger-Syndrom wird bei erwachsenen ADHS-Patienten selten festgestellt, und im Allgemeinen wird dieser möglichen Komorbidität wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
Probanden und Methoden: Wir untersuchten 53 erwachsene ADHS-Patienten, die unsere Ambulanz zur ADHS-Erstdiagnose aufsuchten (17 Frauen, 36 Männer; Altersspanne: 18-56 Jahre) auf die Häufigkeit eines komorbiden Asperger-Syndroms. Die Diagnose dieser Autismus-Spektrum-Störung wurde durch Anwendung der entsprechenden DSM-IV-Kriterien bestätigt. Zusätzlich wurde die Aussagekraft der beiden Screening-Instrumente „Autismus-Spektrum-Quotient“ (AQ) und „Empathie-Quotient“ (EQ) von Baron-Cohen zum Screening des Asperger-Syndroms bei ADHS im Erwachsenenalter getestet.
Ergebnisse: Bei acht ADHS-Patienten wurde ein komorbides Asperger-Syndrom diagnostiziert (15,1%). Der Unterschied in den AQ- und EQ-Werten zwischen reinen ADHS-Patienten und komorbiden Patienten wurde analysiert und zeigte signifikant höhere Werte in AQ und signifikant niedrigere Werte in EQ bei komorbiden Patienten.
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse zeigen, dass die Häufigkeit des Asperger-Syndroms bei erwachsenen ADHS-Patienten deutlich erhöht zu sein scheint (im Vergleich zu einer Prävalenz von 0,06 % in der Allgemeinbevölkerung), was darauf hindeutet, dass Forscher bei erwachsenen ADHS-Patienten auch auf Autismus-Spektrum-Störungen achten sollten. Insbesondere das AQ scheint ein potentielles Screening-Instrument für das Asperger-Syndrom bei erwachsenen ADHS-Patienten zu sein.