Die bösartige Realität hinter dem Mythos Thanksgiving

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Was mit den Indianern als Nächstes geschieht, darüber sagt diese Geschichte nichts. Das Vermächtnis der Indianer besteht darin, Amerika als ein Geschenk an die Weißen darzustellen – oder anders gesagt, sich dem Kolonialismus zu beugen. Wie Pocahontas und Sacagawea, die anderen berühmten Indianer der amerikanischen Geschichte, helfen sie den Kolonisatoren und verschwinden dann von der Bühne.

Die Wampanoags, die in dieser Geschichte die Indianer sind, haben lange behauptet, dass der Thanksgiving-Mythos die Bösartigkeit der Kolonialgeschichte für die Ureinwohner beschönigt. Das tut er auch. Die Pilger kamen nicht in eine leere Wildnis, die reif für die Eroberung war. Die menschliche Zivilisation in Amerika war genauso alt und reich wie die in Europa. Deshalb war das Land der Wampanoag voll von Dörfern, Straßen, Maisfeldern, Denkmälern, Friedhöfen und von Unterholz befreiten Wäldern. Generationen von Ureinwohnern hatten es so eingerichtet, in der Erwartung, ihr Land an ihre Nachkommen weiterzugeben.

Im Gegensatz zum Thanksgiving-Mythos war die Begegnung zwischen Pilgern und Wampanoag kein Erstkontakt. Vielmehr folgte sie auf eine Reihe blutiger Episoden seit 1524, bei denen europäische Entdecker Wampanoags an der Küste entführten, um sie in die Sklaverei nach Übersee zu verkaufen oder als Dolmetscher und Führer auszubilden. Die Wampanoags wandten sich nicht nur trotz dieser gewalttätigen Geschichte an die Pilger, sondern teilweise auch deswegen.

Im Jahr 1616 brachte ein europäisches Schiff eine epidemische Krankheit zu den Wampanoags, die in den folgenden drei Jahren einen erschütternden Tribut an ihrer Bevölkerung forderte. Daraufhin begann der westlich gelegene Stamm der Narragansett, die Wampanoags zu überfallen. Um dieser Bedrohung zu begegnen, wollte Ousamequin, dass die Engländer den Wampanoags sowohl als militärische Verbündete als auch als Quelle für europäische Waffen dienten. Dass er Squanto (oder Tisquantum) als Vermittler zwischen den Siedlern in Plymouth einsetzte, hatte auch damit zu tun, dass die Wampanoags in der Vergangenheit von Europäern überfallen worden waren. Squanto beherrschte die englische Sprache, da er Jahre in spanischer und englischer Gefangenschaft verbracht hatte, bevor er kurz vor der Ankunft der Mayflower eine unwahrscheinliche Rückkehr nach Hause organisierte. Solche düsteren Themen sind kaum der Stoff, aus dem die Thanksgiving-Festspiele der amerikanischen Grundschulen sind.

Der Thanksgiving-Mythos beschönigt auch die Machtpolitik der Allianz zwischen Pilgern und Vampanoag. In den Jahren danach drohte Ousmequin Rivalen innerhalb und außerhalb des Wampanoag-Stammes mit der Gewalt seiner englischen Verbündeten. Solche Einschüchterungen spielten für das Bündnis der Wampanoag mit Plymouth eine weitaus wichtigere Rolle als das erste Thanksgiving.

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